Ein Zukunfts-Symposium
Wir hatten eine ganz erfolgreiche erste Ausstellung “Decolonial Futures” und das mitten im Semester!
Nachdem wir 7 Stunden lang unsere erste Ausstellung im JUPITER CAMPUS aufgebaut haben mit einigen technischen Lichteinstellungsschwierigkeiten, war es dann endlich soweit. Wir eröffneten die Vernissage. Kajan Luc, Lehrbeauftragte der HAW Hamburg und Initiatorin des Projekts “Decolonial Futures” eröffnete es mit den Worten:

“Wenn wir an die Klimakrise denken, denken wir vor allem an zu hohe CO2 Emissionen und wie wir diese vermindern können. Dies ist allerdings nur das Symptom der Klimakrise, der Ursprung der Klimakrise liegt im Kolonialismus, auf welchem bis heute globale Machtstrukturen und Ungleichheiten fußen”.

Nachdem wir nach diesem Auftakt kurz anstoßen konnten, strömten auch schon die Besucher*innen zu unseren Projekten. Besonders beliebt war die “Silent Station”. Bei dieser Station ging es um Wetterdaten der ehemaligen Deutschen Seewarte in Hamburg, die vor allem in Kamerun erhoben wurden zu einer “erfolgreichen” deutschen Kolonialisierung von Ländern durch die Sicherung von Seewegen. Mittels Bildschirmen auf dem Boden, die die Verortung zeigte, sowie 3D-Scans eines Baumes, war es möglich, in die Thematik einzusteigen, die weiterhin viele spannende Gesprächsdiskussionen anregte.
Wer hat die Deutsche Seewarte und ihr “Tun” miterlebt? Könnte ein 100-jähriger Baum Zeitzeuge sein und als gemeinschaftstiftender Ort zum Erinnerungsraum für die Geschichte der Seewarte werden? Wem gehört das Wetter?
Nach Angaben der Weltorganisation für Meteorologie, verfügen die Vereinigten Staaten und die EU zusammen 636 Wetterrraddarstationen, während Afrika nur 37 Stationen hat.

Auch sehr dominant im Raum war das Projekt KOLONEO, der Neokolonialwarenladen. In diesem Laden wurden alltägliche Produkte wie Batterien oder Gießkannen bis Lebensmittel wie Kaffee und Kakao auf ihre kolonialen Ursprünge kritisch untersucht. Im Neokolonialwarenladen wurde außerdem animiert verschiedene Aufgaben zu lösen, die den JUPITER und sein Umfeld kritisch auf koloniale Spuren untersucht.

Wie gehen wir mit der Elbe um, wenn wir sie als Person sehen würden? Kann die Elbe eine Klägerin sein? In der partizipativen Installation “Unsere Mandantin die Elbe”, die in den ehemaligen Umkleidekabinen Raum fand, schlüpfen die Ausstellungsbesucher*innen in einen Gerichtsfall und fällen ein Urteil über die Rolle der Klägerin, der Elbe, dessen Grundrechte verletzt werden (Elbvertiefung, Wasserverschmutzung, Auswirkung der Klimakrise).

Wie sieht eine Welt ohne Kautschuk aus? In der Videoinstallation “Kautschuk-Koloniale Spuren” stellte eine Studierendengruppe sich die Frage, was uns im Alltag fehlen würde, wenn es kein Kautschuk gebe. Ein Fahrrad ohne Reifen? Ein Bett ohne Matraze? Schuhe ohne Schuhsohle? Gleichzeitig beleuchteten sie kritisch die menschenrechtsverletzende Produktion des viel genutzten Material und warfen Fragen eines Spannungsverhältnisses auf. Ist uns bewusst, wie Kautschuk hergestellt wird, welche Auswirkungen es auf Mensch und Natur hat und wo überall Kautschuk in unseren Alltagsprodukten steckt?

In einem spannenden Rahmenprogramm erweiterten wir unser Wissen und luden Expert*innen sowie Gestalter*innen von kolonialkritischen und dekolonialisierenden Projekten ein: Die deutsch-mexikanische Choreografin Yolanda Gutiérrez zeigte einen Film über ihr Projekt DECOLONYCITIES und Kommunikationsdesigner Mustafa Zammar ließ uns einblicken in den Alltag aus der Stadt Homs in Syrien. In seinem Film “Inclusive realms” filmten verschiedene Menschen aus Homs ihren Alltag und berichteten über ihre Hobbys im Alltag einer durch Krieg zerstörten Stadt. Mit dem von Mustafas initiierten “Uplift Projekt” bekommen sie die Chance, sich gestalterisch (Grafik) weiterzubilden, sich zu empowern und nach Abschluss der Weiterbildung Aufträge zu gerechten Löhnen im Bereich Grafik und Programmierung zu arbeiten. 

Nach den beiden Filmscreenings folgte eine Pause und eine Präsentation von HCU Studierenden, die die Herkunft und Produktion von Alltagsprodukten wie Baumwolle und Mais durch ein visuelles Archiv kritisch untersuchten. Die meisten Besucher*innen sind schon gegangen und es dünnte sich zur späteren Stunde generell aus, wir blieben bis 24 Uhr und nutzen die Gelegenheit unseren vollen Erfolg noch zu feiern und die ersten Projekte wieder abzubauen.

Für die nächste Ausstellung nehmen wir mit, mehr Zeit für den Aufbau einzuplanen, damit die Energie am Abend noch vorhanden ist, sowie ein kleineres Rahmenprogramm, um den Fokus noch mehr auf die Studierendenprojekte und Ausstellung selbst zu richten.

Weitere Einblicke in das Design-Seminar „Decolonial Futures“: — seminars (kajanluc.de)